Der Wochenrückblick

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Der Wochenrückblick

Durchhalten!

Warum wir den ersehnten „Ewigen Lockdown“ schon fast erreicht haben, und was das alles soll

Hans Heckel20.02.2021

Das Wichtigste ist, dass wir jetzt noch einmal durchhalten, damit wir das Erreichte nicht gefährden und unsere Chance auf eine bessere Zukunft nicht aufs Spiel setzen, sagt die Kanzlerin. Wenn sie das sagt, steht Angela Merkel ihre ehrliche Sorge ins Gesicht geschrieben. Wir fühlen mit ihr.

Denn tatsächlich: Wir sind ganz nah dran am Durchbruch zum „Ewigen Lockdown“. Ausgerechnet jetzt aber fangen Wankelmütige an zu flattern. Ausgerechnet jetzt! Dabei schien der Coup mit der 35 zunächst glatt durchzugehen. Merkel war denn auch sichtlich stolz und zufrieden. Mit der Kopplung von Öffnungsschritten an die Inzidenzwerte habe man etwas „Stilbildendes“ erschaffen. Sie wünsche sich, dass auch weitere Schritte an „Inzidenzwerte gebunden“ würden.

Sehen Sie genau hin: Sie hat nicht gesagt, „an den einen Inzidenzwert von …“, sondern an „Inzidenzwerte“ gebunden. Da kommen nach der 35 also gleich die nächsten, noch niedrigeren. Selbst mit der 35 kann man mehr machen, als uns zunächst verraten wurde. Auf die Frage, wie lang dieser Wert denn unterschritten werden müsse, bis etwas gelockert wird, sagte Merkel wörtlich: „Mindestens drei Tage, sag ich mal, irgendwas zwischen fünf und drei Tagen oder drei und fünf Tagen sollte es sein. Sie können mal davon ausgehen, mindestens drei Tage.“ Zwei Tage danach präzisierte sie die „drei bis fünf Tage“ noch einmal ein wenig: „Mindestens 14 Tage müssen wir stabil unter 35 bleiben.“ 14 muss demnach der Mittelwert zwischen drei und fünf sein.
Und welche Inzidenzwerte bilden danach unseren „Stil“? Ralph Brinkhaus, Chef der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, hat uns das am 11. Februar im Bundestag verkündet: Er sprach von Zahlen unter zehn, ja sogar unter fünf positiv Getesteten bei 100.000 Einwohnern.

Na also, damit wäre das große Ziel erreicht. Rechnen wir das mal an Städten wie Freiburg im Breisgau oder Rostock durch, die etwas mehr als 200.000 Einwohner beherbergen. Bei einer Inzidenz von zehn dürften da also höchstens gut 20 Leute positiv getestet werden, in sieben Tagen. Laut dem Harvard-Experten Michael Mina sind bei den verwendeten PCR-Tests 80 bis 90 Prozent der „positiven“ Befunde in Wahrheit wertlos, weil die Tests auch dann anschlagen, wenn die Viruslast für eine Infektion viel zu gering ist. In den beiden Städten reichten also zwei bis vier wirklich Infizierte (und nur die können krank werden oder andere anstecken), um bereits einen „Teil-Lockdown“ zu rechtfertigen. Da wiederum nur eine Minderheit dieser wirklich Infizierten auch ernsthaft erkrankt, reicht ein einzelner richtiger Covid-Patient, um beispielsweise die gesamte Gastronomie von Rostock oder Freiburg zwangsweise zu verrammeln.

Da können wir doch ausgesprochen zuversichtlich sein – den einen Kranken finden wir immer! So kann es also ewig weitergehen mit dem Lockdown, aber, wie die Kanzlerin mahnt: Um das zu erreichen, müssen wir jetzt vor allem durchhalten.
Dabei muss niemand Angst haben, in seinen Bemühungen alleingelassen zu werden. Unsere politische Führung hat schließlich großartige Vorarbeiten geleistet, um die Lage zielgerichtet zu verschlimmern. Denken Sie nur an die gefeierte „Warn-App“. Da hat Berlin viele Monate Zeit gewonnen, in denen die blöden Bürger auf die Segnungen der elektronisch gestützten „Nachverfolgung“ setzten. Als herauskam, dass das Ding völliger Schrott ist, war es für vieles zu spät. Und die Aktion hat nur 20 Millionen Euro gekostet!

Auch ist es gelungen, die Gesundheitsämter auf einem technischen Stand festzunageln, der im Kern älter ist als die große Mehrheit ihrer Mitarbeiter. Als Tarnnetz hat Merkel ihr verkrautetes Dauergesülze über die „dringend notwendige Digitalisierung“ über diese Blockade gelegt, damit die Deppen im Land glauben, da passiere etwas.

Dann der Streich mit der Impfung. Fast wäre es richtig losgegangen, was den Dauer-Lockdown ernsthaft hätte gefährden können. Gerade noch rechtzeitig konnte Angela Merkel die Gefahr bannen. Nun wird das Impfen wohl bis ins nächste Jahr dauern. Aber dann könnte längst das nächste Virus die Staffel übernehmen. Wenn wir Glück haben, müssen die Forscher mit der Vakzin-Entwicklung erneut durchstarten, was natürlich abermals dauert. Und wenn sie trotzdem zu schnell fertig werden sollten, wird die deutsche Politik vor „Impf-Nationalismus“ warnen und die Aktion mit dem Impfstart erneut in den Katakomben von Brüssel versenken.

Indes sollten wir uns nicht zu sicher fühlen. Klar, der Herbst kann uns eine Mutation bringen, die das Spiel von vorn beginnen lässt zu einem Zeitpunkt, in dem nicht einmal die Impfung gegen die derzeitigen Varianten durch wäre. Darauf ist aber kein Verlass. Wie wir bereits berichten mussten, hat sich auch die „britische Mutante“ bislang eher als Reinfall erwiesen. Auf den britischen Inseln geht die Zahl der Positiv-Testungen rapide zurück. Doch vielleicht kriegt eine neue Variante im Herbst das ja besser hin.
Die Frage bleibt, warum macht die Politik das alles? Welchem Zweck dient das gigantische Zerstörungswerk? Eine interessante Frage, aber lassen Sie sich bei der Suche nach Antworten bloß nicht von kruden Verschwörungstheorien hinter die Fichte locken. Die Kanzlerin hat das Ziel schließlich schon ganz offen verkündet. Sie will den „Great Reset“, was zu Deutsch in etwa „Große Zurücksetzung“ bedeutet.

Zurücksetzen? Wohin denn? Das wird nie ganz klar, was die Frage besonders spannend macht. Dass es darum geht, „zurück“ zu mehr Wohlstand und Freiheit zu gelangen, können wir allerdings ausschließen. Sonst würde man ja nicht ausgerechnet an diesen beiden Pfeilern so eifrig sägen. Denken Sie nur daran, wie virtuos es Merkels Wirtschaftsminister Altmaier gelungen ist, die versprochenen Wirtschaftshilfen auf die lange Bank zu schieben.

Auch die strengen Grenzschließungen zu Österreich und Tschechien sprechen eine aufschlussreiche Sprache. 2015 hat uns Merkel noch wissen lassen, dass es gar nicht möglich sei, die Grenzen gegen Scharen orientalischer Analphabeten zu schützen. Den qualifizierten Grenzpendlern aus Böhmen konnte sie dagegen mit einer Handbewegung über Nacht die Tür vor der Nase zuschlagen. Man setzt halt Prioritäten für den „Reset“.

Den Leuten erzählt man, das habe man doch nur gemacht, um uns vor der „Mutation“ zu schützen, die in Böhmen wütet. Sicher doch, deshalb war ja auch zunächst vorgesehen, Mediziner und Pflegekräfte, die hierzulande auf die „besonders vulnerablen Gruppen“ treffen, von dem Pendelverbot auszunehmen, während tschechische Fabrikarbeiter draußen bleiben sollten.

Wie gesagt, jetzt heißt es vor allem: Durchhalten! Vielleicht ist der „Great Reset“ ja auch schon viel weiter vorgedrungen, als selbst Merkel es sich zu träumen wagt? Wir werden es sehen, wenn wir sehen, was in unseren Städten alles nicht wieder aufmacht, wenn irgendwann die gefürchteten „Lockerungen“ kommen sollten. paz

„Hier ist Polen!“

Die deutsche Volksgruppe ist ihm ein Ärgernis: Janusz Kowalski
LB202020Die deutsche Volksgruppe ist ihm ein Ärgernis: Janusz Kowalski

Östlich von Oder und Neiße

„Hier ist Polen!“

Sejmabgeordneter Janusz Kowalski wettert gegen zweisprachige Bahnhofsschilder in OberschlesienChris W. Wagner22.02.2021

Polen steht in diesem Jahr vor einer Volkszählung – da könnte man doch wieder alte Ressentiments gegen Deutsche anklingen lassen, dachte sich wohl Janusz Kowalski von der rechtskonservativen Partei Solidarna Polska, die 2012 von vormaligen PiS-Mitgliedern gegründet wurde. Der in Oppeln geborene Kowalski, der es bis zum Vizeminister für Staatsvermögen schaffte, ist dafür bekannt, dass ihm die deutsche Volksgruppe ein Dorn im Auge ist.

Diesmal hat er sich die doppelsprachigen, polnisch-deutschen Bahnstationsschilder in Oberschlesien herausgepickt. Und davon gibt es im Gegensatz zu zweisprachigen Ortsschildern mal gerade zwei. Es geht um Chronstau [Chrząstowice] und seinen Ortsteil Dembiohammer [Dębska Kuźna] in der Woiwodschaft Oppeln.

Und diese wieder abzuschaffen, hat sich Kowalski auf die Fahne geschrieben. „Vor sechs Jahren wurden rechtswidrig und auf Druck seitens der Bürgerplattform sowie der Deutschen Minderheit in Oppeln deutsche Bahnstationsschilder angebracht“, schrieb er auf Facebook. Und gleich nachdem am 3. Februar das Ministerium für Infrastruktur die Aufsicht über die Polnischen Staatsbahnen (PKK) und die Tochtergesellschaft für Bahntrassen übernommen hatte, brachte Kowalski eine parlamentarische Anfrage ein. Geprüft werden soll nun erneut die Rechtmäßigkeit der Aktion von vor sechs Jahren. Kowalski ist der Meinung, die Schilder „rufen den Unmut der Fahrgäste hervor und führen zu Desinformation“. Seinem Frust verleiht er bei Twitter Ausdruck mit den Worten: „Hier ist Polen!“

Rafał Bartek, Vorsitzender der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen in der Woiwodschaft Oppeln, sagte diesbezüglich in einem Interview der Tageszeitung „NTO“: „Die Gemeinde Chronstau hat lange mit dem Innenministerium beraten, um jegliche Unstimmigkeiten zu vermeiden. Die Entscheidung des Innenministeriums gab der Gemeinde schließlich das Recht, das Minderheitengesetz überall dort anzuwenden, wo eine topografische Bezeichnung auftaucht“ und eben nicht nur an Straßen.

Politisch motiviert
„Die Schilder wurden schließlich im Dezember 2015 aufgestellt, als bereits die PiS regierte“, so Bartek weiter. Die Bahn hätte im August 2020 ihre Richtlinien zur Kennzeichnung der Bahnstationen geprüft, und obwohl festgeschrieben wurde, dass Ortsbezeichnungen nicht in Fremdsprachen übersetzt werden, gebe es eine Ausnahme, und zwar Namen von Bahnstationen in Minderheitensprachen in Gebieten, in denen diese Gemeinschaften leben. Diese Richtlinien gäben anhand verbindlicher Muster vor, wie eine Tafel mit doppelter Ortsbezeichnung auszusehen habe, so Bartek weiter. „Sollten die Schilder abmontiert werden, ist es keine juristische, sondern eine rein politische Entscheidung“, sagt er.

Laut Bernard Gaida, dem Vorsitzenden des (Dach-)Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen, müsse Kowalski an seiner Wahrnehmung noch arbeiten. „Gewiss würde ihm der polnische Name Cieszyn am Bahnhof im tschechischen Teil Český Těšín der geteilten Stadt Teschen gefallen. Deutsche Bezeichnungen auf polnischen Bahnstationen in Oberschlesien kann er aber nicht aushalten. Hier sind gleiche europäische Standards für nationale Minderheiten nötiger denn je“, so Gaida gegenüber „Wochenblatt.pl“.

Gegenaktion der Jugend
Eine Gegenaktion in den sozialen Medien startete der Jugendverband der Deutschen Minderheit, der Bund der Jugend der deutschen Minderheit (BJDM). Unter #wPolsceusiebie (in Polen daheim) rief der BJDM auf, sich vor zweisprachigen Ortstafeln zu fotografieren und diese Bilder zu publizieren.

„Zweisprachige Schilder aller Art sind für Minderheiten etwas völlig Natürliches. Sie sind Träger der Geschichte, Kultur und des Erbes nicht nur der Deutschen Minderheit der Woiwodschaft Oppeln, sondern für ganz Polen. Kowalski sagt aber, sie sind ein gefährlicher Präzedenzfall“, schrieb so auch Konrad Müller, Pressesprecher des BJDM, auf Facebook. Am 9. Februar organisierte der Jugendverband auf dem Oppelner Bahnhofsvorplatz eine Pressekonferenz. „Auch uns Jugendlichen dienen Minderheitenrechte, schließlich sind wir die Zukunft dieser Region. Wenn also jemand sagt, es sei gefährlich, dass die zweisprachigen Tafeln an den Bahnstationen in Chronstau und Dembiohammer hängen, dann ist es für mich einfach erschütternd. Wir sind doch hier zuhause und niemand sollte uns als gefährlich bezeichnen, nur wegen zweisprachiger Schilder, die für uns ein Symbol unserer Identität sind“, sagte Zuzanna Herud vom Jugendverband.

An der Pressekonferenz nahmen auch Vertreter regionaler Jugendorganisationen politischer Parteien teil. „Wir stehen hier vor dem Oppelner Bahnhof, der 1889 im deutschen Oppeln gebaut wurde. Heißt es, dass auch dieses Gebäude niedergerissen werden sollte?“, fragte rhetorisch Michał Branicki von der Jungen Union. Die Onlineaktion #wPolsceusiebie wird von anderen deutschen Minderheiten in Europa unterstützt. paz